Alle Jahre wieder pünktlich zu Saisonbeginn macht die „Badewasserqualität“ in Badegewässern die Runde, wird in den Medien flugs zur „Wasserqualität“ umdeklariert und suggeriert einwandfreies Wasser, auch in der Nordsee. Erfunden hat´s die EU-Kommission:
„Saubere Badegewässer sind für wichtige Wirtschaftszweige wie den Fremdenverkehr und für die Pflanzen- und Tierwelt von entscheidender Bedeutung. Der jährlich erscheinende Badegewässerbericht der Europäischen Kommission und der Europäischen Umweltagentur zeigt, dass 95 % der Küstenbadegewässer und 90 % der Badegewässer der Flüsse und Seen 2009 den Mindestvorschriften entsprachen. Außerdem informiert der Bericht darüber, wo genaue und aktuelle Informationen über die Badeorte zu finden sind, “
lässt die European Environment Agency (EEA) im Internet verlauten.
Nur misst die Badewasserqualität nur einen absoluten Mindeststandard in touristisch genutzten Badegewässern wie Sichttiefe oder die Verunreinigungen durch Fäkalabwässer und den Gehalt an koliformen Bakterien, ist also ein ausschließlich ökonomisches Marketinginstrument, dass die Hygiene des Badegewässers in den Vordergrund stellt und hat nichts mit der tatsächlichen Wasserqualität zu tun. Die tatsächliche Wasserqualität eines Gewässers, die für das Überleben von Tieren und Pflanzen erforderlich ist, bleibt weitgehend außer acht. Die „Wasserqualität“ dagegen ist ein ökologischer Begriff. Gemessen werden hier u.a. der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert, der Salzgehalt, Nährstoffeinträge, Schadstoffe wie Schwermetalle und biogene Stoffe wie Ammonium oder Schwefelwasserstoff. Durch den vereinfachenden Begriff „Wasserqualität“ an Badegewässern wird auch so die Nordsee gesundgeschrieben, die keinesfalls ein „sauberes“ Gewässer und nach wie vor stark mit Schadstoffen belastet ist; ein Beispiel dafür sind die ständigen Öleinträge aus Schiffen oder Bohrinseln.
Als sichtbares Zeichen findet man häufig an Stränden und im Spülsaum kleine Paraffinklümpchen, die zur Ölbindung eingesetzt wurden.
Die „Badewasserqualität“ wird auch von dem Marketing- und Umweltsymbol „Blaue Flagge“ für Badestellen im Binnenland, an der See und in Sportboothäfen verwendet. Die Flagge wird jährlich für das verliehen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: die Pflege und Hygiene an touristisch genutzten Strandbereichen und in Häfen. Wie einfältig dieses Marketingprodukt eigentlich ist, zeigte das Seehundsterben im Jahre 2002: Damals starben wieder einmal zuhauf Seehunde in der Nordsee an einem staupeähnlichen Virus: In Bensersiel wehte im Yachthafen die „Blaue Flagge“ und täuschte gesunde Verhältnisse vor. Direkt neben dem Yachthafen liegt der Badestrand. Nur wenige hundert Meter weiter westlich davon trieben verwesende Seehunde an und stanken zum Himmel.