Das Wattenmeer besteht, vereinfacht gesagt, bekanntermaßen aus Sand und Schlick.
Aber Schlick im Watt kann auch zu einem großen Problem werden, wenn er sich durch menschliches Handeln da absetzt, wo er natürlicher Weise nicht hingehört.
Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Teil eines UNESCO-Weltnaturerbes, gibt es acht Klappstellen, auf denen Baggergut aus Fahrwasserunterhaltungen und Hafenaushub verklappt wird.
Das hat Folgen:
Die örtlichen Strömungsverhältnisse können sich enorm ändern, der Sinkstoffgehalt nimmt zu, im Bereich der Klappstellen nimmt die Sedimentation zu, die im Bagger- und Verklappungsgebiet vorkommenden Bodenorganismen können geschädigt werden, das Zooplankton kann durch Trübungen an der Nahrungsaufnahme gehindert werden, Fische verlieren ihre Laichgründe oder die Kiemen werden verstopft, Vögeln kann der Nahrungserwerb erschwert werden. Zusätzlich können im Sediment ruhende Schadstoffe remobilisiert werden und gelangen so wieder in die Nahrungskette.
Auf der Insel Juist ist diese dramatische Entwicklung gut zu beobachten.
Durch die Klappstelle im Watt vor dem Dorf Loog und durch wasserbauliche Maßnahmen wie der Verwendung von Betonformteilen im Watt oder der Bau der neuen Seebrücke verschlammt das Umfeld von Juist enorm, der Hafen verschlickt total. Der Hopperbagger „Seekrabbe“ der „Niedersachsen Ports“ wird für das Ausbaggern der Fahrrinnen zu den Ostfriesischen Inseln genutzt. Die aktuelle Position der „Seekrabbe“ ist hier abrufbar.
Mit untauglichen Mitteln, wie mit Wasser“injektionen“ aus Tauchpumpen, hat man schon versucht, das Problem zu lösen.
In völliger Verkennung der Tatsachen wurde die 2008 fertiggestellte Seebrücke vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vorab bejubelt:
Seebrücke Juist Neues Wahrzeichen für Juist
Mit dieser Genehmigung kann die touristische Aufwertung des Juister Hafenbereiches beginnen. Besucher und Bewohner können zukünftig über eine Promenade auf der 334 Meter langen Seebrücke bis zum neuen Wahrzeichen an der Hafeneinfahrt spazieren und sowohl den Hafen als auch die gesamte Insel ganz neu wahrnehmen. Des Weiteren entsteht in dem von der Seebrücke eingefassten Areal ein neuer Sportboothafen mit bis zu 212 Liegeplätzen. Durch die entstehende Abgrenzung des Hafens zum Watt verringert sich der Sedimenteintrag in die Hafenflächen, was die Bagger- und Unterhaltungskosten für die Kommune reduziert.
Genau das Gegenteil ist aber eingetreten.
Ministerpräsident Wulff eröffnete das 6 Millionen Euro teure Bauwerk im Juli 2008.
Auf Juist regt sich nun Widerstand:
Wattführer Heino Behring und Reiner Behrends aus dem Ostdorf schrieben unabhängig voneinander in einem Brandbrief an Ministerpräsident Wulff (CDU) und baten ihn, „diesem Wahnsinn ein Ende (zu) bereiten“.
Es wird wieder einmal deutlich, dass der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und das Etikett „Weltnaturerbe“ überwiegend auf dem Papier bestehen, die menschlichen Eingriffe gehen ungebremst weiter.
Die beiden Schreiben an den Ministerpräsidenten kann man hier nachlesen:
Juist, Hafenschlick: Heino Behring an Ministerpräsiden Wulff
Juist, Hafenschlick: Reiner Behrend an Ministerpräsidetn Wulff