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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 66 (22.01.2005)

Harm Poppen und die Hochspannung

Samtgemeindebürgermeister Harm Poppen aus der Samtgemeinde Holtriem in Westerholt, LK Wittmund, Ostfriesland: ein feines Gespür für die Windrichtung, gegen die geplanten Hochspannungstrassen der Offshore-Windkraftanlagen, aber für viele Windkraftanlagen im Gemeindegebiet

Als "schärfster Kritiker" der für die Offshore-WKA notwendig werdenden Hochspannungsleitung lässt sich der Samtgemeindebürgermeister der Samgemeinde Holtriem/Westerholt im Landkreis Wittmund , Harm Poppen, an die Spitze der Anti-Hochspannungsleitungsfront schreiben.

Welche bemerkenswerte Wandlung eines vielseitigen Samtgemeindebürgermeisters: In seiner Gemeinde (Westerholt und Nenndorf) drehen sich mehr als 35 Enercon E-66, deren Genehmigung Poppen ausdrücklich heftigst unterstützte, weitere 7 sind in Nenndorf geplant. Auch dieser Strom wird mit Hochspannungsleitungen abgeführt, die die Landschaft nicht eben verschönern. Liegt Poppens Windkraft-Euphorie vielleicht auch daran, dass der Schwiegersohn seines Kämmerers, der Mann also, der für die Gemeindefinanzen zuständig ist, eine leitenden Posten bei beim Anlagenhersteller Enercon im Nachbarort Aurich inne hat?

In den 80-er Jahren wähnte sich Poppen an der Spitze der Öko-Bewegung, als er die "kommunale Umweltverträglichkeitsprüfung" erfand. Genützt hat das, außer ihm selbst und einigen positiven Schlagzeilen, nichts. Ein Blick in das heutige Umfeld seiner Gemeinde (und der Windkraft-berüchtigten Nachbargemeinde Dornum) zeigt nur noch rotierende Windpropeller.

Herr Poppen hat offenbar ein feines Gespür für die jeweilige Windrichtung.

Wir zitieren aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung:

Hannoversche Allgemeine Zeitung (22.01.05)

Hochspannungsmasten elektrisieren Bürger

Wachsender Widerstand in den Gemeinden gegen Folgen der Windkraft/ "Das ist eine Frage für die Landesregierung"

Von Klaus Wallbaum

Hannover. Der Streit um die Offshore-Windparks in der Nordsee erregt bei immer mehr Kommunen Protest: Es geht um die Hochspannungsleitungen, die den Strom auf 70 Meter hohen Masten von der Küste in dicht besiedelte Gebiete bringen sollen. Zwei Trassen sind bereits geplant, es könnten aber "bis zu sieben werden", vermutet Wulf Haack vom Städte- und Gemeindebund. "In vielen Rathäusern stellen wir wachsende Vorbehalte und Ängste fest", betont Haack. "Die Landesregierung sollte darauf eingehen."

Hintergrund des Streits sind die ehrgeizigen Pläne, in den nächsten 25 Jahren bis zu 12 000 Windenergieanlagen in der Nordsee zu bauen. Ein Viertel des deutschen Strombedarfs könnte so mit der Windenergie gedeckt werden. Einige Anträge für solche Anlagen gibt es bereits, und wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, könnten nach Schätzungen der Kommunalpolitiker bis zu sieben Trassen mit Hochspannungsmasten notwendig werden. Die meisten dürften von der Nordseeküste bis ins Ruhrgebiet führen, wo die Industrie besonders viel Strom benötigt. Betroffen davon wären Ostfriesland, das Oldenburger Land und das Emsland. "Es sollte dringend die Frage geprüft werden, ob es Alternativen gibt, etwa das Erdkabel, sagt Haack. Bisher habe die Industrie diese Variante als "zu teuer" abgelehnt.

Der Städte- und Gemeindebund macht aber eine andere Rechnung auf: Auf den 70 Meter hohen, im Abstand von einigen hundert Metern platzierten Masten dürfen aus Sicherheitsgründen maximal 3000 Megawatt transportiert werden, deshalb sind mehrere Trassen im Abstand von je 40 Kilometer nötig. Über ein Erdkabel aber könnte wesentlich mehr gebündelte Energie fließen - dafür reichten vielleicht nur zwei Trassen. "Das ist eine Frage für die Landesregierung", bekräftigt Haack und verweist auf einen feinen Unterschied: Gegen Erdkabel regt sich kein Widerstand, wohl aber gegen die Masten.

In Harpstedt (Kreis Oldenburg) hat eine Bürgerinitiative bereits mehr als 1000 Unterschriften gesammelt. Sie begehrt gegen die von e.on geplante, 70 Kilometer lange Trasse von Ganderkesee in den Kreis Diepholz auf. Der Rat der Gemeinde Neuenkirchen im Kreis Osnabrück beschloss vor wenigen Wochen, er wolle "keine weiteren Hochspannungsleitungen" dulden. Der Kreistag des Kreises Annmerland forderte Ministerpräsident Christian Wulff auf, alle Pläne zu stoppen, bis ein Gutachten die Möglichkeit eines Erdkabel geprüft hat. Ein solches Gutachten, die Studie der Deutschen Energieagentur, sollte vor wenigen Tagen vorgelegt werden. Doch die Veröffentlichung wurde vertagt. Spekuliert wird, dies könne daran gelegen haben, dass sich Strornkonzeme und Windenergiebranche nicht einig sind.

Zu den schärfsten Kritikern der Hochspannungstrassen gehört der Samtgemeindedirektor Harm Poppen aus Holtriem im Kreis Wittmund. Er vergleicht die Trassen mit den "Todesstreifen" entlang der früheren innerdeutschen Grenze, "Die Masten sind 70 Meter hoch und haben Seitenarme mit je 30 Metern. Man muss wohl einen Sicherheitsabstand halten. Viele Bürger bei uns haben Angst davor, wenn so ein Kabel mal reißen sollte oder auch Angst vor Elektrosmog", sagte Poppen. Er warnte vor "massiven Bürgerprotesten".

Nach Haacks Angaben hat auch die EU-Kommission bereits signalisiert, dass Erdkabel zu bevorzugen seien - auch deshalb weil sie bei Sturm weniger gefährdet seien als die Masten.

 
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