Watten-Rat

Ost-Friesland

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Startseite > Windenergie > Artikel Nr. 107 (November 2008)

Nachgerechnet: Offshore-Windenergie in fachlicher Kritik

"Windenergie klima-, umweltpolitisch und volkswirtschaftlich kontraproduktiv" - "keine Wertschöpfung, sondern Subventionsabschöpfung" - Investitionen keine geeignete Option zur Reduzierung der Folgen des Klimawandels

Die Wissenschaftler Thomas Heinzow (Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung, Zentrum für Marine und Atmosphärische Wissenschaften der Universität Hamburg), Richard S.J. Tol (ebenfalls Uni Hamburg und Institute for Environmental Studies, Vrije Universiteit, Amsterdam und Engineering and Public Policy, Carnegie Mellon University, Pittsburgh, PA) und Burghard Brümmer (Meteorologisches Institut der Universität Hamburg ) haben in Zeiten des propagandistischen medialen Trommelfeuers für die Nutzung der Windkraft die Offshore-Windenergienutzung einer kritischen Bilanz unterzogen, diese ist hier nachzulesen: Offshore-Windstromerzeugung in der Nordsee eine ökonomische und ökologische Sackgasse? (pdf-Datei, ca. 560 KB).

Fazit: Für einen vierjährigen Zeitraum haben wir die durch die geplanten Offshore-Windparks zu erwartenden Einspeisungsfluktuationen simuliert, den Regelenergiebereitstellungsbedarf, das Gefährdungspotenzial der Netzstabilität und die damit verbundenen Kosten im Vergleich zu alternativen Emmissionsminderungsstrategien bestimmt. Unsere Studie unterscheidet sich von allen anderen Studien entscheidend dadurch, daß erstmals langjährige und zeitlich hochaufgelöste repräsentative Windmessungen der Ekmannschicht bis 250m Höhe zur Bestimmung der Folgen und Kosten der geplanten Windenergieeinspeisung genutzt wurden. Bei mindestens um den Faktor zehn höheren Vermeidungskosten gegenüber den alternativen Strategien sind die geplanten Investitionen in die Windstromerzeugung in Nord- und Ostsee für die nächsten 20 bis 30 Jahre keine geeignete Option zur notwendigen optimalen Minderung der Treibhausgasemissionen zur Reduzierung der Folgen des Klimawandels.

Allein die Strategie einer vorgezogenen Erneuerung des Kraftwerksparks mit der derzeit verfügbaren Technik mit Wirkungsgradsteigerungen von 30% zum jetzigen Durchschnitt ist öko-logisch und ökonomisch nachhaltig und vermeidet Wohlfahrtsverluste. Beim Kraftwerksneubau ist ein späteres Repowering mit Kohlevergasungstechnologie und nachgehendem Dampfrozeß vorzusehen, damit die Option einer weiteren Effizienzsteigerung hin zu Wirkungsgraden bis zu 55% bei Kohlekraftwerken ohne hohe Investitionskosten realisierbar ist.

Der Wattenrat hatte bereits 2002 auf die kritische Berichterstattung zu "Investitionsruinen auf See" hingewiesen (siehe auf unseren Seiten vom Juli 2002: "Investitions-Ruinen auf See"). Weitere Links zu kritisch-fundierten Texten von Thomas Heinzow ganz unten, ebenso ein knackiger Kommentar von Edgar Gärtner aus "Die Welt" zur Nutzung der Offshore-Windenergie.

Wir zitieren aus dem Sonntagsjournal Bremerhaven vom 26. Oktober 2008:

"Drückerkolonnen für Windkraft"

Kritik aus der Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung an Erweiterungsplänen - Bürgerinitiativen wappnen sich

Von Dirk Bliedtner

Kreis Cuxhaven. Der Diplom-Sozialökonom und -Betriebswirt Thomas Heinzow von der Forschungsstelle für Nachhaltige Umweltentwicklung der Universität Hamburg hat dem Landkreis Cuxhaven geraten, "ein Verbot der Neuerrichtung, des Repowering und des Ersatzes nicht mehr betriebsfähiger Windkraftanlagen festzulegen."

Heinzow, der langjährig in mehreren EU-Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien geforscht hat, sorgt mit seinen Ergebnissen für Aufsehen. "Entgegen der landläufig vertretenen Meinung steht inzwischen wissenschaftlich fest, dass eine Nutzung der Windenergie On- und Offshore derzeit klima-, umweltpolitisch und volkswirtschaftlich kontraproduktiv ist", betont der Wissenschaftler in seiner mit umfangreichen Datenmaterial untermauerten Expertise, die er jetzt der Landkreisverwaltung zugestellt hat und die dem SJ vorliegt. "Für die nähere Zukunft von 20 bis 30 Jahren kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sich daran nichts ändern wird.

Heinzow hat errechnet, dass das so genannte Repowering - also die Vergrößerung vorhan-dener Anlagen - "ökonomisch ineffizient ist". Mit zunehmender Größe stiegen auch die anderen Kosten bezüglich der Schädigung von Mensch, Flora und Fauna. Auch der Weg in die "Offshore-Technik" erweise sich als Sackgasse, wie der Wissenschaftler auch in der Fachzeitschrift "et - Energiewirtschaftliche Tagesfragen" beschrieben hat.

"Eine besondere und dauerhafte regionale Wertschöpfung findet weder durch die Herstellung noch die Verladung der Windkraftanlagen und der Fundamente in den Häfen statt." Bei der Errichtung von Windkraftanlagen gehe es in erster Linie um "Subventionsabschöpfung".

Weitere Texte zu Erneuerbaren Energien von Thomas Heinzow:

Kommentar von Edgar Gärtner in "Die Welt" vom 03. Dezember 2007:

Gastkommentar: Windkraft-Euphoriker und ihre Illusionen

Energiepolitik für Dumme

Von Edgar Gärtner 3. Dezember 2007, 04:00 Uhr

Dummheit, zumal in der Politik, hat wenig mit individuellen Intelligenzquotienten zu tun. Würden Sie 550 Euro aufwenden, um möglicherweise in der Zukunft eintretende Schäden in Höhe von 70 Euro zu vermeiden, wenn derselbe Effekt auch schon für 20 Euro zu haben wäre? Die Bundesregierung schickt sich an, durch die Förderung riesiger Windradparks in der Nordsee genau diese dem gesunden Menschenverstand hohnsprechende Antwort zu geben. Der Sozialökonom Thomas Heinzow, der zurzeit an der Forschungsstelle Nachhaltige Umweltpolitik der Universität Hamburg unter Professor Richard Tol an seiner Dissertation arbeitet, demonstriert das am Beispiel der in Deutschland schon betriebenen oder noch geplanten On- und Offshorewindkraftanlagen (WKA).

Aus mehreren Gründen bleiben die Leistungen der WKA weit hinter den Projektionen ihrer Promotoren zurück: Ihre jährlichen Wartungs- und Reparaturkosten erreichen mindestens sechs bis neun Prozent der Investitionssumme. Ihre durchschnittliche Lebensdauer liegt weit unter den angenommenen 20 Jahren. Viele von ihnen werden schon nach weniger als zehn Jahren durch größere Anlagen ausgetauscht. Die Investoren nennen das euphorisch "Repowering" und legen nahe, die größeren Anlagen arbeiteten wirtschaftlicher als die kleinen. Doch einen solchen Skaleneffekt gibt es bei WKA nicht, denn ihr Gewicht wächst mit der dritten Potenz ihres Rotorradius. Nicht zuletzt erscheint ihre reale Stromausbeute als kläglich. Ihr Investitionsbedarf je tatsächlich erzeugte Kilowattstunde liegt bei 5800 Euro an Land und bei schätzungsweise 6600 Euro in der Nordsee. Der im Binnenland installierten Gesamtkapazität von etwa 20 000 Megawatt (MW) entspricht wegen der Unstetigkeit des Windes eine reale Leistung von nur 3000 MW. Etwas besser wäre die Verfügbarkeit der in der Nordsee geplanten 5000 WKA mit einer Gesamtkapazität von 25 000 MW. Diese können im Jahresdurchschnitt immerhin etwa ein Drittel ihrer Nennleistung erreichen. Die Vermeidung einer einzigen Tonne CO2 mithilfe von WKA kostet nach Heinzow bis zu 550 Euro, während sie durch die Modernisierung von Kohlekraftwerken für weniger als ein Zehntel davon zu haben wäre. Würden alle WKA-Pläne umgesetzt, käme es trotz Subventionen in Höhe von jährlich 6 Milliarden Euro sogar zu einem zusätzlichen CO2-Ausstoß von 30 Millionen Tonnen. Die Volkswirtschaft würde insgesamt durch Fehlinvestitionen von 90 Milliarden Euro belastet, rechnet Heinzow vor.

Könnte man da nicht zum Eindruck gelangen, wir würden von einer Selbstmordsekte regiert?

 
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