Zwei neue Begriffe machen derzeit die Runde in Ostfrieslands Zeitungen:
Was steckt dahinter?
Das "Regionalmanagement" will eine an "übergreifenden
Interessen orientierte Zukunfsplanung" für den ostfriesischen
Raum, d.h. wirtschaftliche Stärkung und Vermarktung von regionalen
Erzeugnissen der Region.
Der Trägerverein des neu gegründeten Vereins "Region-Aktiv"
besteht aus neun verschiedenen Gruppen, darunter auch ein Vertreter des
Naturschutzes an der Küste: Matthias Bergmann vom NABU, der nach
dem Selbstverständnis des Vereins alle Naturschutzverbände vertreten
soll.
Nur: Die erfuhren erst aus der Zeitung davon.
Bergmann vertritt die NABU-Geschäftsstelle Ostfriesland und leitet
in Wiegboldsbur den "Woldenhof", ein Öko-Hof mit Streicheltieren.
Zudem vermarktet er für den NABU den Gänsetourismus im Rheiderland.
Seine Stelle und das Projekt Woldenhof wird von der niedersächsischen
Wattenmeerstiftung finanziert, die der Niedersächsische Umweltminister
verwaltet. Die Stiftungsgelder kommen aus der Ablasszahlung des norwegischen
Energie-Multis Statoil für den Bau der Erdgasleitung "Europipe"
durch den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, gegen die auch
seinerzeit der NABU unter seinem gefeuerten ehemaligen Ostfriesland-Geschäftsführer
Filbrandt vehement und sachkundig Einspruch erhob.
Seitdem gibt es einen Paradigmenwechsel weg vom fachlichen Naturschutz
hin zur "nachhaltigen Nutzung" auch des Wattenmeeres mit Hilfe
von willfährigen Vertretern von "Naturschutz"verbänden.
Wesentlich unverblümter skizzierte der Regierungspräsident der
Bez.Reg. Weser-Ems, Theilen (SPD), die Ziele des Regionalmanagements:
"Die Wirtschaft der Region leidet wie auch andernorts unter der knebelnden
Regulierung durch nationale und europäische Gesetze; arbeitet aber
mit den regionalen Behörden kooperativ und vertrauensvoll zusammen".
Kein Wunder: Viele Behörden in Ostfriesland sind durch die SPD-Mehrheiten
nachgeordnete Partei-Vollzugsverwaltungen geworden; lästige Naturschutzgesetze,
EU-Richtlinien und internationale Naturschutz-Abkommen stören die
Macher an der Küste bei ihren Ausbeutungsplänen, die als "nachhaltige
Nutzung" geschönt werden, womit wir beim "Wattenforum"
angelangt sind.
Siehe auch diesbezügliche Artikel im Heimatblatt (Emder Zeitung)
und der Ostfriesen-Zeitung.
Als pdf-Dokument hier
online einzusehen oder hier
als zip-Datei zum Download.
|
|
Das Wattenforum ist eines der Ergebnisse der trilateralen Regierungskonferenzen
für das Wattenmeer, turnusmäßig veranstaltet von den Mitgliedstaaten
Dänemark, Deutschland und den Niederlanden.
Auf der 9. trilateralen Wattenmerkonferenz 2001 in Esbjerg wurde dieses
eindeutige Nutzerforum gegründet, nicht um den Naturschutz im Wattenmeer
voranzutreiben, sondern "um die Küste zu entwickeln" und
"nachhaltig zu nutzen", so das Mitglied des Forums, der Oberkreisdirektor
des Landkreises Aurich, Walter Theuerkauf (SPD).
Theuerkauf war ein Motor der Novellierung des Nationalparkgesetzes Niedersächisches
Wattenmeer, das wesentliche Gebiete des Nationalparks unter Missachtung
der EU-Vogelschutzrichtlinie der touristischen Nutzung zuführte.
Theuerkauf ist auch Vorsitzender des Nationalparkbeirates, der nach der
gesetzlichen Definition "die Nationalparkverwaltung in ihrer Aufgabe
unterstützt, den Schutzzweck unter Berücksichtigung sonstiger
Belange der Allgemeinheit zu verwirklichen".
Die "sonstigen Belange" werden jetzt offensichtlich dem Schutzzweck
vorangestellt. Theuerkauf propagiert auch die Aufnahme des Wattenmeeres
als UNESCO-Weltnaturerbe, nicht zum Schutzes dieses Lebensraumes, sondern
erklärtermaßen als Marketing-Etikett für die Tourismusindustrie
für noch mehr Massentourismus. Theuerkauf hält offensichtlich
die Quadratur des Kreises für möglich: Nein, Hochhäuser
am Watt wolle man nicht bauen, aber:
"Wir können Offshore [Windkraftwerke] entwickeln und Naturschutz
behalten", zitiert ihn die Ostfriesenzeitung.
Und darum geht´s: Die ehrgeizigen Ausbaupläne von Off-shore
und Near-shore werden massiv in das Schutzgebiet Wattenmeer eingreifen,
jetzt sollen die Weichen gestellt werden, dass störendes Naturschutz-
und EU-Recht mit dem Euphemismus "nachhaltige Nutzung" ausgehebelt
wird. Und diese Windturbinen erreichen mit ihrer Höhe von 200m die
Mehrfache Höhe von Hochhäusern.
Mitglied des "Wattenforums" ist der WWF-Wattenmeerexperte Holger
Wesemüller, von dem Insider sagen, dass er sehr geschmeidig im Umgang
mit Politik und Verwaltung sei und einem Eskimo einen Kühlschrank
verkaufen könne. Die Zeiten des echten kritischen Dialoges mit den
Naturschutzverbänden sind damit endgültig vorbei. Man holt sich
nur die Leute an den Tisch, von denen keine Konflikte zu erwarten sind
und hat seine Naturschutz-Schuldigkeit getan. Die klassische Umarmungspolitik
der SPD eben.
Der in Jahrzehnten erkämpfte Naturschutz im Wattenmeer befindet sich
damit im freien Fall....
Siehe auch Berichte aus dem Sonntagsblatt (Emder Zeitung) und der Ostfriesen-Zeitung.
Als pdf-Dokument hier
online einzusehen oder hier
als zip-Datei zum Download.
|
|