Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 253 (Oktober 2007)
EWE und Wingas: Kavernenbau im Rheiderland
Erhebliche Salzfracht durch Aussolung im Natura-2000-Gebiet
Die Firma Wingas und der Energieversorger EWE wollen in die Tiefe und im ostfriesischen Rheiderland Kavernen in einem Salzstock zur Lagerung von Erdgas anlegen: Im Bereich der Gemeinden Jemgum und Ditzum beantragten sie beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) die gemeinsame Umsetzung der Frischwasserentnahme aus der Ems, die Soletransportleitung mit Einleitbauwerk und die Solanlage.
Projektinformationen Erdgaskavernenspeicher Jemgum
Mit dem Frischwasser sollen in verschiedenen Ausbaustufen bis zu 30 unterirdische Kavernen aus dem Salzstock gespült und die entstehende Salzfracht in die Ems geleitet werden. Die Teufen der Kavernen liegen bei 1.200 bis zu 1.600 Metern, der maximale Kavernendurchmesser soll 80 m betragen, die maximale Höhe ca. 200 bis ca. 400 m. Das benötigte Frischwasser zur Aussolung soll südlich der Ortschaft Jemgum entnommen und anschließend durch eine Soletransportleitung zur Einleitestelle bei Ditzum in die Ems am Dollart eingeleitet werden, 6.000 Kubikmeter Sole pro Stunde sind vorgesehen!
Das wird Auswirkungen auf das Natura-2000-Gebiet haben. Vor allem wird sich der Salzgehalt im Bereich der Einleitungsstelle und strömungsbedingt auch darüberhinaus dramatisch ändern, also Auswirkung auf die Fisch- und Kleintierfauna der Ems haben, in einem Natura-2000-Gebiet! Das Planungsbüro IBL geht von einer "Verschlechterung des Erhaltungszustandes" auf einer Fläche von nur 1 Hektar, als 100 x 100 m aus, das ist anzuzweifeln (S.21, Gutachten "Auswirkungen auf Schutzgebiete des Europäischen Netzes NATURA 2000 durch die Entnahme von Frischwasser und die Einleitung von Sole in die Unterems")
Der Wattenrat hält dieses Projekt in einem Natura-2000-Gebiet für nicht genehmigungsfähig. Aber hier wurde schon das Ems-Stauwerk für die riesigen Schiffe der Meyer-Werft errichtet sowie der riesige Windpark "Wybelsumer Polder" in einem "faktischen Vogelschutzgebiet an der Ems gebaut. Auf die EU-Kommision ist bei der Verhinderung solcher Projekte nicht zu zählen.
Satellitenbild Ems, Dollart, Jemgum
Die Planungsbüros Lange in Moers und IBL-Umweltplanung in Oldenburg legten in der "Projektinformation zur Antragskonferenz, Natura 2000" (16. April 2007) einige bemerkenswerten Aussagen vor:
1 Anlass und Aufgabenstellung
Die WINGAS GmbH (WINGAS) beabsichtigt, auf dem Gebiet der Gemeinde Jemgum, Landkreis Leer, Kavernen zur Speicherung von Erdgas zu errichten und zu betreiben. Der Erdgasspeicher soll im Zusammenhang mit dem Ausbau der Erdgastransportleitungen der WINGAS, insbesondere der geplanten Ferngasleitung Nord Stream (vormals sog. "Ostseeleitung"), der zusätzlichen Bevorratung und dem Ausgleich von Bedarfs- und Lieferschwankungen dienen. Der Standort des künftigen Kavernenfeldes befindet sich auf dem Salzstock Jemgum unmittelbar an der Ferngasleitung "MIDAL" der WINGAS westlich der Ems.
Östlich der Ems betreibt die EWE Aktiengesellschaft, Oldenburg (EWE) bereits seit 1975 den Erdgaskavernenspeicher "Nüttermoor". EWE plant ebenfalls im Bereich der Gemeinde Jemgum, auf den an die Bewilligungsfelder und private Salzabbauflächen der WINGAS angrenzenden Flächen Salzkavernen zur Speicherung von Erdgas in mehreren Ausbaustufen zu errichten.
1.2 Verfahrensablauf
Das Verfahren des fakultativen Rahmenbetriebsplans zum Erdgaskavernenspeicher Jemgum wird nach § 52, Abs. 2, Nr. 1 des Bundesberggesetz (BBergG) durchgeführt. Verfahrensführende Behörde ist das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Clausthal-Zellerfeld.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde unter Leitung des LBEG am 23. Januar 2007 ein Scopingtermin durchgeführt. Hier wurden der Untersuchungsrahmen sowie eine Spezifizierung der Inhalte der NATURA 2000 Verträglichkeitsstudie mit den Trägern öffentlicher Belange sowie den Fachbehörden abgestimmt [...]
Die Anfrage beim Umweltministerium Niedersachsen hat ergeben, dass es sich bei den Vogelschutzgebieten Rheiderland und Emsmarsch von Leer bis Emden um Gebiete handelt, die bereits in nationales Recht umgesetzt sind.
Auszug aus dem IBL-Gutachten zur Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 16. April 2007:
Auswirkungen auf Schutzgebiete des Europäischen Netzes NATURA 2000 durch die Entnahme von Frischwasser und die Einleitung von Sole in die Unterems Erdgaskavernenspeicher Jemgum
Antrag auf Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis gemäß § 11 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) für die Entnahme von Wasser aus der Ems und Einleitung von Sole in die Ems sowie auf Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Entnahme- und eines Einleitbauwerkes gemäß § 91 NWG in der Gemeinde Jemgum Landkreis Leer
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1 ANLASS UND AUFGABENSTELLUNG
Die Firmen WINGAS und EWE planen die Entnahme von Frischwasser aus und die Einleitung von Sole in die Unterems, um im Salzstock Jemgum bis zu 33 Kavernen (erste Ausbaustufe) zur Speicherung von Erdgas auszusolen. Die Entnahme und Einleitung soll über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren erfolgen.
IBL UmweltPLANUNG wurde am 22.6.06 von der WINGAS beauftragt, die Auswirkungen der Entnahme von Frischwasser aus der Ems bei Jemgum und der Einleitung von Sole in die Ems bei Ditzum auf das Benthos, die Fische, das Sediment und das Wasser, den aquatischen Bereich der an der Unterems befindlichen Schutzgebiete, darzustellen und zu bewerten. Die ausführliche Beschreibung der Schutzgebiete findet sich in der Anlage 2 des Rahmenbetriebsplans und wird hier nicht mehr wiederholt.
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EINLEITUNG VON SOLE IN DIE EMS
Aktuell sind zwei Einleitungen von je 900 m³/h Sole durch die EWE in Höhe des Emssperrwerks und durch die E.ON Ruhrgas AG an der Landemole bei Krummhörn unbefristet genehmigt.
Geplant sind nun weitere 2.700 m³/h durch die WINGAS und 1.500 m³/h durch die EWE. Die genehmigte Einleitung der EWE und die beiden beantragten Einleitungen sollen oberhalb des Hafens von Ditzum bei EKM 33,6 in die Unterems eingeleitet werden. Zusammen sind dies 5.1003 m³/h (=1,42 m³/s) Sole mit 300 PSU (umgerechnet 300 g/l bzw. 300 kg/m³ Salz).
Die baulichen Anlagen für diese gemeinsame Einleitungsstelle werden, abgesehen vom Einleitungsrohr, binnendeichs geplant und liegen außerhalb der NATURA-2000-Gebiete. Das Rohr soll außendeichs mit einer Überdeckung von 1 m verlegt werden und endet in einem Schotterbett von ca. 200 m² Fläche unterhalb der NW-Linie. Der Rückbau der genehmigten Einleitungsstelle EWE und der dort vorhandenen Befestigungen im Uferbereich wird hier nicht in die Betrachtung eingestellt.