Wattenrat

Ost-Friesland

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Startseite > Aktuelles > Artikel Nr. 224 (Mai 2007)

Inseln und Platen durch Stürme abrasiert

Die Kachelotplate, die Sandbank Lütje Hörn sowie die Vogelinsel Memmert haben in den letzten Stürmen durch Sandabtrag schwer gelitten, erhebliche Sandverluste

Noch im Sommerloch 2003 kochten die Medien die "Kachelotplate", eine Sandbank bei Memmert, zur "neuen Insel" hoch (siehe auf unseren Seiten: "Die Kachelotplate: eine neue Insel?"). Nun haben Wind und Wellen gezeigt, dass mediale heiße Luft mit den realen Vorgängen im Wattenmeer wenig zu tun hat. Schwer gelitten hat in den letzten Stürmen auch die Vogelinsel Memmert bei Juist. An sich sind das völlig natürliche Vorgänge im dynamischen Wattenmeer. Nur wird dadurch der Lebensraum für Brutvögel erheblich eingeschränkt. Auf den touristisch genutzten Inseln kommt es zu ständigen Störungen durch Spaziergänger und Hunde. Nur auf den bewohnten Inseln werden immens teure Küstenschutzmaßnahmen durchgeführt, mit zweifelhaften Erfolg.

Im Westen Borkum, östlich davon ein Teil von Memmert (oben) und Lütje Hörn als weißer Fleck (unten)

Wir zitieren aus der Ostfriesen Zeitung vom 15.05.2007:

Insel Lütje Hörn kämpft ums Überleben

Von Heiner Schröder

KÜSTE Seit ein paar Jahren wird das unberührte Stückchen Land südöstlich von Borkum immer kleiner

Die Sturmfluten des vergangenen Winters haben Dünen und Pflanzen regelrecht abgehobelt. Auch Kachelot und Memmert haben dabei ziemlich gelitten.

Norden - 1988 war Martin Schulze-Diekhoff einmal auf der kleinen Insel Lütje Hörn. Fasziniert war er damals von einem Holunderstrauch, der auf der wenige Fußballplätze großen Insel südöstlich von Borkum gedieh. Der Strauch ist mittlerweile weg. Genauso wie die meisten Dünen. Von Pflanzen ist auch nicht mehr viel zu sehen. "Aber die Wurzeln sind noch da", weiß der oberste Landschaftspfleger des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Schulze-Diekhoff ist sowieso optimistisch: "Lütje Hörn existiert, seit es Karten gibt. Ich bin sicher: Die Insel verschwindet nicht."

Aber sie muss kämpfen: Seit dem Jahr 1650, aus dem die älteste Aufzeichnung über die Insel stammt, ist sie um rund 1,5 Kilometer nach Osten gewandert. Von 1999 bis 2005 hat sie sich allein 100 Meter in diese Richtung bewegt. "Das ist eine unerhört spannende und dynamische Gegend, in der das alles passiert", meint Schulze-Diekhoff.

1994 brüteten noch mehr als 450 Vogelpaare auf Lütje Hörn, in diesem Jahr werden es kaum mehr als 200 sein. Die Artenvielfalt der Pflanzen hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls verringert. Noch ist aber in jedem Frühjahr eine Menge los auf dem unberührten Fleckchen Erde, das im vergangenen Jahr rund 65 000 Quadratmeter groß war. Das sind 6,5 Hektar : eine Fläche von rund 13 Fußallplätzen.

Das ist nicht viel. Aber es reicht Vogelarten wie Silbermöwe, Eiderente, Austernfischer, Heringsmöwe und seit 1994 auch dem Kormoran, um dort die Brut großzuziehen. Der Kormoran, auf dem Festland und vor allem bei Fischteichbesitzern und Anglern unbeliebt, ist ein besonderer Fall: Eigentlich brütet der Vogel in Bäumen, fand es aber auf Lütje Hörn so schön, dass er sich in Ermangelung von größeren Gehölzen: es gibt ja nicht mal mehr den Holunderstrauch : zum Bodenbrüter entwickelte.

Ähnlich wie Lütje Hörn ging es im vergangenen Winter auch der großen Sandbank Kachelotplate, die bei Juist und Memmert liegt. Die ersten Dünen, die sich dort bereits gebildet hatten, sind von den Sturmfluten weggerissen worden, aber auch dort haben sich die Wurzeln der bereits angesiedelten Pflanzen gehalten. Das hat Enno Janßen, Vogelwart auf Memmert, jedenfalls bei seinem Besuch vor ein paar Wochen beobachtet.

Auf der Vogelinsel Memmert haben die Dünen zwar gehalten, wurden aber stark beschädigt und teilweise in die See gerissen. Der NLWKN hat daher in diesem Frühjahr bereits einen Trupp geschickt, um mit Sandfangmaßnahmen die Restdünen zu stabilisieren.

Der NLWKN in Norden beobachtet die Entwicklung zwischen Borkum und Juist weiter und wird ganz bewusst gar nicht oder nur behutsam : wie im Fall Memmert : eingreifen: "Die Dynamik macht diesen Raum aus : und daher so schutzwürdig", meint Schulze-Diekhoff.

 
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