Nun haben wir zwar nicht den Salat, dafür aber wieder die Strandquecke. Gemeint ist die Salzwiese im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zwischen Dornumersiel und Bensersiel an der ostfriesischen Küste, strengste Schutzzone im Nationalpark und Teil des „Weltnaturerbes“. „Dank“ Trockenlegung durch die Küstenschutz- und Naturschutzbehörde (!) „Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtshaft, Küsten- und Naturschutz“ (NLWKN) überwuchert die Strandquecke diesen geschützten Bereich und verdrängt die hier eigentlich vorkommenden Salzwiesenpflanzen.
Vor fast genau zwei Jahren berichtete der Wattenrat über die prächtige Entwicklung dieses früher zu stark beweideten Außendeichbereiches mit den typischen Blütenpflanzen einer regelmäßig vom Salzwasser des Meeres überfluteten Wiese (Salzwiese zwischen Dornumersiel und Bensersiel hat sich erholt, aber wie lange?).
Ohne prophetische Gaben in Anspruch nehmen zu wollen, schrieb der Wattenrat schon damals:
„Das Problem: Falls diese neue schöne Salzwiese im „Weltnaturerbe“ nicht gepflegt, also weiter stark entwässert und nicht extensiv (!) beweidet wird, wird sie in ein paar Jahren genauso desolat aussehen wie die völlig verqueckte Salzwiese östlich von Dornumersiel und weder für Brutvögel oder Insekten attraktiv sein. Allerdings werden Rastvögel die neu entstandene Hochstaudenfläche meiden, sie werden nur den wattnahen unteren Teil der Salzwiese nutzen können.“
Genau das ist nun nach nur zwei Jahren eingetreten, nun hat sich Strandquecke auch diesen Bereich weitgehend überwuchert, weil er zu stark entwässert und nicht extensiv beweidet wird. Auch ohne das Nationalparkgesetz unterliegen Salzwiesen – und Wattflächen- als „gesetzlich geschützte Biotope“ dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes (§30 BNatSchG). Die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie) der EU verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Verbesserung und Erhaltung der Schutzgebiete, es gilt ein Verschlechterungsverbot. Ferner müssen nach der FFH-Richtlinie Entwicklungs- und Bewirtschaftungspläne erarbeitet werden. Der Bund, das Land und die Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven schützen diese Salzwiesen aber nur auf dem Papier, und es ist keinesfalls die einzige Salzwiese in diesem Großschutzgebiet, die so desolat aussieht. Ein fachliches und wirksames Salzwiesenmanagement existiert auch heute, 27 Jahre nach Einrichtung des Nationalparks, nicht.
Gänse, die früher auf stark oder extensiv beweideten Salzwiesen Äsungsflächen fanden, wandern jetzt auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ab, und werden dort verfolgt.
Aber die Verwaltung des Nationalparks setzt sich zusammen mit dem Land Niedersachsen für eine Erweiterung des Status „Weltnaturerbe“ ein, ohne aber die Hausaufgaben für den gesetzlich gebotenen Schutz des Nationalparks mit den vorhandenen Instrumenten gemacht zu haben.
Es geht beim „Weltnaturerbe“ nur wieder ums Vermarktungsetikett, außen hui und innen pfui. Von den großen Naturschutzverbänden und der Stiftung WWF hört man seit Jahren wenig oder nichts zu den unerfreulichen Entwicklung im Nationalpark, obwohl bis vor wenigen Jahren noch regelmäßig kritische „Nationalparkbilanzen“, mit Unterstützung durch den Wattenrat, erstellt wurden.
Die Strandquecke ist ein mehrjähriges Gras, das dichte, bis zu einem Meter hohe geschlossene Bestände in der oberen Salzwiesenzone bildet. Sie verträgt keine Staunässe und kommt auf trockeneren Standorten vor. Strandqueckenbestände kommen in vielfältigen Variationen vor. Manche Varianten haben graue oder bläuliche Wachsüberzüge auf den Blättern. Queckenfluren sind überrwiegend frei von anderen Pflanzenarten, da junge Quecken hoch wirksame Wuchshemmstoffe in den Boden abgeben, die das Wachstum anderer Pflanzen bremsen. Strandqueckenfluren treten vor allem dort auf, wo die Schafbeweidung auf den Salzwiesen eingestellt wurde, um der eigentlich vorgesehenen natürlichen Pflanzenentwicklung im Nationalpark Wattenmeer wieder Platz zu machen. Wo noch 1990 kurz gefressene Salzwiesen überwogen, erstrecken sich heute weiträumige Strandquecken“steppen“.