Die Pressemitteilung der Gänsewacht und des Wattenrates zum Besuch des neuen Agrarministers der Bündnisgrünen in Niedersachsen bei den Celler Freizeitjägern am 02. März schlug heftige mediale und interne Wellen im Lande, die bis zum Wattenrat zurückfluteten. Ins Boot gehen sollte jetzt der Redakteur für Politik bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Klaus von der Brelie, der für seine Zeitung am 03. März u.a. so berichtete:
HAZ, online, 03. März 2013
Agrarminister Christian Meyer reicht Jägern die Hand
Von Klaus von der Brelie
[…] „Manchmal, etwa in Naturschutzgebieten, sei sogar mehr Jagd erforderlich […]“
Diese Darstellung (und andere, siehe unten) weist der niedersächsische Landwirtschaftsminister Meyer in einer Mail an den Wattenrat entschieden zurück, das sei nie so gesagt worden. Das Bemerkenswerte an Herrn von der Brelie der HAZ in Hannover ist, dass er nicht nur Redakteur dieser Zeitung, sondern auch „Obmann für Öffentlichkeitsarbeit“ der Jägerschaft Celle e.V. ist. Da ist vermutlich in der Berichterstattung der Jäger mit ihm durchgegangen. Er hat wohl in seinem HAZ-Beitrag mit selektiven Jägelauschern Äußerungen gehört, die gar nicht so gefallen sind und dies in seinem Hobby-Sinne mehr lodengrün als journalistisch-distanziert uminterpretiert, der Wunsch als Vater des Gedankens? Oder er hat bewusst eine enge Jägernähe des neuen Landwirtschaftsministers herbeigeschrieben, um ihn so bei seinen Parteifreunden und den Naturschützern im Lande als für sich vereinnahmt auflaufen zu lassen, also mit dem Stift gezündelt und gezielt Zwietracht gesät. Das war aber ein Rohrkrepierer. Wir stellen den Sachverhalt hier richtig, entschuldigen uns für etwaige zu harte Worte in Richtung Landwirtschaftsminister Meyer und haben uns in einer ausführlichen Pressemitteilung dazu geäußert, die Sie hier nachlesen können: Zitatfälschung als Nachrichtengeschäft.
Gänsewacht und Wattenrat werden sich an den Deutschen Presserat wenden, weil diese Art der Berichterstattung zwar für einen Jägerobmann für Öffentlichkeitsarbeit durchgehen könnte, nicht aber für einen Redakteur einer großen Tageszeitung, der den Pressecodex kennt. Landwirtschaftsminister Meyer täte sicherlich gut daran, bei zukünftigen Besuchen bei Jägern oder anderen Naturnutzergruppen sehr sorgfältig auf fehlinterpretierbare Äußerungen und die gebotene kritische Distanz zu achten. Wir nehmen aber dankend zur Kenntnis, dass Herr Meyer unmissverständlich weiter daran arbeitet, die Jagd auf Zugvögel in EU-Schutzgebieten einstellen zu lassen.
Wir werden Landwirtschaftsminister Christian Meyer in Zukunft an seinen Taten messen, und seine ersten einhundert Tage im Amt sind ja auch noch nicht rum…
Auszug aus der Mail von Christian Meyer vom 05. März 2013:
[…] Natürlich fordere ich weiterhin die Jagd auf Wildgänse insbesondere in EU-Vogelschutzgebieten wie dem Petkumer Deichvorland einzustellen.
Das habe ich übrigens unter großem Grummeln der versammelten Jägerschaft auch in Celle gesagt. „Wir können doch nicht in Niedersachsen Zugvögel wie Wildgänse aus Skandinavien oder Sibirien abschiessen und uns dann über die Zugvogeljagd in Italien oder Malta beklagen.“
Der Passus im Koalitionsvertrag zur Überprüfung der Jagd in EU-Vogelschutzgebieten zielt da genau drauf.
Das wir die Jagd generell abschaffen wollen, war nie Grüne Position und stand auch nicht im Programm.
Im Wahlprogramm stand unter der Überschrift:
„Jagd verantwortungsvoll (!) gestalten
Die Jagd muss sich an ökologischen Prinzipien und den Erfordernissen des Tierschutzes ausrichten. Die Jagd auf wild lebende Tiere ist nur dann zuzulassen, wenn sie ökologisch verträglich ist und die getöteten Tiere verwertet werden. Tiere, die in ihrem Bestand gefährdet sind, dürfen nicht bejagt werden. Wir wollen die Jagdzeiten ebenso wie die Liste der jagdbaren Arten verkürzen. Den Abschuss von Haustieren sowie den Einsatz von Fallen lehnen wir ab. Wir setzen uns für ein Verbot von bleihaltiger Munition ein, um die Vergiftung von Greifvögeln und der Umwelt allgemein zu reduzieren.
In Schutzgebieten, einschließlich Natura-2000-Gebieten, soll die Jagd nur dann zulässig sein, wenn sie zur Erreichung der Schutzziele erforderlich ist. Es kann nicht angehen, dass selbst in Vogelschutzgebieten, die ausdrücklich dem Schutz nordischer Gänse dienen, die Jagd auf diese Arten ausgeübt werden darf! Zudem wollen wir die generelle Einstellung der Jagd auf Zugvögel in Niedersachsen.“
Nicht alles, was im Wahlprogramm steht haben wir leider im Koalitionsvertrag mit der SPD umsetzen können.
Die ersten beiden Ziele: Ökologisierung der Jagd und mehr Tierschutz haben wir im Koalitionsvertrag verankert und habe ich auch bei den Jägern vertreten. Dabei habe ich auch die Fallenjagd deutlich kritisiert und auf Unfälle etwa mit Kindern hingewiesen und auf grausame Praktiken bei Totschlagfallen oder der Jagdausübung hingewiesen. Deshalb habe ich eine tierschutzrechtliche und ökologische Überprüfung u.a. der Fallenjagd angekündigt, jedoch kein generelles Verbot, weil es mit der SPD nicht durchsetzbar war. Auch diese Überprüfung und Einschränkung der Fallenjagd trifft auf erbitterten Widerstand von Teilen der Jägerschaft.
Auch habe ich nicht gesagt 90 % der Fallenjagd ist o.k..
Ebenfalls habe ich, wie auch in der Presse zitiert, mich deutlich gegen bleihaltige Munition ausgesprochen. Dies betrifft vor allem viele Greifvögel, die an Bleivergiftungen sterben, aber auch die allgemeine Umweltbelastung durch Blei steigt. Über das Ziel bin ich auch nicht bereit zu verhandeln, jedoch wollen wir dass auch die Alternativen unschädlicher als Blei sind, daher haben wir zur Umsetzung der Bleifreiheit ein Fachgespräch mit Umweltverbänden, TierschützerInnen und Jägern angekündigt.
Das Zitat „Manchmal, etwa in Naturschutzgebieten, sei sogar mehr Jagd erforderlich“ ist falsch.
In Naturschutz- und Vogelschutzgebieten wollen wir die Jagd eher weiter reduzieren (s.o.) und etwa Vogelschutzgebiete von der Gänsejagd ausnehmen. Mein richtiger Satz lautet (etwa in der taz korrekt zitiert):
„Es geht nicht um Rehe, Hirsche und Wildschweine, da muss die Jagd in Teilen eher intensiviert werden, zum ökologischen Schutz der Wälder“,
Zum Wolfsschutz habe ich die Jäger deutlich ermahnt, dass sie durch das von der alten Landesregierung beschlossene Wolfsmanagement auch in der Pflicht stehen. „Illegale Abschüsse des Wolfes durch Jäger wie in der Vergangenheit darf es nicht geben“, habe ich z.B. gesagt.
Klar ist auch, dass wir die alleinige Hoheit der Jäger über das Wolfsmanagement und die Daten beenden wollen. Das ist Sache des Umweltministeriums und dort ist das Ziel auch klar. Wir wollen auch die Umweltverbände und die eigenen Wolfsexperten im NLWKN stärker in den Wolfsschutz einbeziehen. Ein Monopol der Landesjägerschaft darf es nicht geben, von daher stimmt meine alte Pressemitteilung, “ die die Jäger zu amtlich bestellten Wolfsschützern machen soll, während die Umweltverbände und viele weitere engagierte Wolfsschützer ausgebootet werden.“
Zusätzlich habe ich bei den Jägern um Unterstützung beim Naturschutz für Wildbrücken, biologische Vielfalt und Akzeptanz von Naturschutzmaßnahmen geworben.
Die Jagd auf Zugvögel widerspricht diesen Zielen und wir freuen uns weiter über eure Unterstützung bei der notwendigen Ökologisierung (nicht Abschaffung) der Jagd in Niedersachsen.
In den Dialog zur Weiterentwicklung des Jagdrechts habe ich ausdrücklich angesprochen, dass dies nicht nur eine Sache der Jäger, sondern aller gesellschaftlichen Gruppen inklusive Tierschützer, Naturschützer, Kommunen etc. ist. […]