Eigentlich müssten um die Offshore-Baustellen der Wind“parks“ in der Nordsee Greenpeace-Schlauchboote kreisen und sich Aktivisten an die Fundamente ketten. Denn eigentlich und angeblich „kämpft“ Greenpeace seit Jahren spendenwirksam für den Erhalt des stark bedrohten Kleinen Tümmlers oder Schweinswals, aber nur, wenn es um die Bedrohung durch die Fischerei geht. Die „Energiewende“ mit der Industrialisierung der Nordsee mit gigantischen Windkraftwerken führt offenbar zu Wahrnehmungsstörungen nicht nur bei Greenpeace, sondern auch bei den Naturschutzorganisationen wie WWF, BUND oder NABU, um nur einige zu nennen:
In der vergangenen Woche tagten in Brighton/UK die Teilnehmer von ASCOBANS, des Abkommens zum Schutz von Kleinwalen (Engagement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic, North East Atlantic, Irish and North Sea). Die deutschen Umweltverbände und Greenpeace empörten sich über das Ergebnis der Tagung in einer gemeinsamen Presseerklärung vom 22. Okt. 2012.
„Nach mehrtägigem Feilschen um einen Rettungsplan für die stark bedrohten Schweinswale hat sich Deutschland durch Abschwächen eines neuen ´Schutzplans für die westliche Ostsee und Kattegat´ gemeinsam mit Dänemark und Schweden zum Handlanger der Fischereilobby gemacht. […] Der Entwurf des Rettungsplans sah vor, den Beifang von Walen ´gegen Null´ zu reduzieren. Stattdessen lautet nun der faule Kompromiss, dass so wenig wie möglich´ Schweinswale mitgefangen werden sollten – wer bestimmt, was ´möglich´ ist, bleibt offen. Notwendige Maßnahmen, wie fischereifreie Schutzgebiete oder Stellnetzverbote, wurden nicht vereinbart.“
So berechtigt die Empörung der Meeresschützer über den mangelnden Schweinswalschutz (Kleiner Tümmler) gegenüber den kommerziellen Interessen und die damit verbundene Ignoranz der Industriefischerei und der Vertragsstaaten ist, blenden die Naturschutzorganisationen doch die Gefährdung der Kleinwale durch den Bau der Windkraftwerke offshore völlig aus. Glaubwürdiger wäre der Protest gewesen wenn sie in die Problematik des Schweinswalschutzes auch die gesundheitliche Beeinträchtigung dieser Kleinwale wegen des enormen Lärms bei den Rammarbeiten für Offshore-Windkraftanlagen in ihr Empörungsschreiben mit aufgenommen hätten. Kein Wort davon! Diese Thematik hatte die „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) im September 2012 zusammen mit Industrievertretern in Berlin aufgegriffen und die Einhaltung des gültigen Lärmschutzwert von 160 Dezibel (dB) in 750 m Entfernung zur Emissionsstelle unterstützt. Auch dieser immer noch enorm hohe Schallwert, der als „Kompromiss“ betrachtet wird, unterstützt nur die kommerziellen Interessen und das derzeit Machbare der Offshore-Investoren, mit abgesegnet von den Naturschutzverbänden.
Auch der immer noch viel zu hohe Wert von 160 Dezibel wird nicht eingehalten und in der täglichen Praxis noch einmal wesentlich überschritten. Das kann zu schweren Verletzungen und zum Tode von Schweinswalen führen. Im Sommer 2012 wurden ungewöhnlich viele tote Schweinswale, nämlich132 Exemplare, an der Westküste Schleswig-Holsteins angespült, zeitgleich fanden Fundament-Gründungsarbeiten vor Borkum statt. Das lässt zumindest einen ursächlichen Zusammenhang vermuten. Dieses aktuelle Lärmproblem und die ungewöhnlich vielen Totfunde wurde weder von der DUH in Berlin noch von den „Meeresschützern“ der Naturschutzverbände und des WWF in Brighton thematisiert, zumindest wird es nicht in der Presseverlautbarung erwähnt. Die von den Naturschutzverbänden, WWF und Greenpeace unterstützte sog. „Energiewende“ macht offenbar blind, taub und stumm für die desolate Situation der Schweinswale, verursacht durch den Lärm der Offshore-Bauarbeiten. Das wird einfach aus zeitgeistigen Gründen des „Klimaschutzes“ (oder was dafür gehalten wird) ausgeblendet. Stress durch angebliche „Öko“-Windkraftwerke ist dann wohl der von den NGO-Gremienhoppern akzeptierte und verhandelbarer Stress. Nicht nur Deutschland, sondern auch die Naturschutzverbände sind die mitverantwortlichen Totengräber des Schweinswalschutzes, sie halten durch ihr Schweigen den Spaten mit in der Hand!
Gelänge es den Nachweis zu führen, dass der Tod der Schweinswale in der Nordsee ursächlich mit dem Baulärm an den Windkraftfundamenten zusammenhängt, wäre dies nicht nur ein Verstoß gegen das ASCOBANS-Abkommen und die Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten, sondern auch ein Straftatbestand nach § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes. Dieser Paragraf stellt das gewerbliche Stören oder die Schädigung auch dieser Art unter Strafe und bedroht diese Handlungen sogar mit Haft. Nur hat offensichtlich niemand ein Interesse daran, diesen Nachweis auch zu führen. Untersuchungen der toten Schweinswale fanden nicht statt, nach Darstellung der privaten Walschutzorganisation WDC (Whale and Dolphin Conservation) wurden die Mittel dafür von der Bundesregierung zeitgleich mit dem Beginn der Rammarbeiten auf See gestrichen.
Die Naturschutzorganisationen machen sich aus ausschließlich ideologischen Gründen zum Handlanger einer völlig verfehlten Energiepolitik im Lande. Nicht nur Schweinswale, sondern auch Vögel, Fledermäuse und ganze Landschaften kommen so unter die Windräder des Geschäftsmodells „Windenergie“, das kein Wärmekraftwerk überflüssig macht, aber die Natur „nachhaltig“ und flächendeckend schädigt. Die vorgeblichen „Anwälte der Natur“ sind zu Komplizen der Naturzerstörer geworden, auf diese „Naturschutzverbände“ kann der fachliche Naturschutz verzichten!
Links:
Verbaendestellungnahme-Offshore_Schallschutz
Meerestiere und Lärm Lebensgefährlicher Schall, taz, 22. Oktober 2012
#edit 18. November 2012:
„Zehn Naturschutzverbände“ in Schleswig Holstein haben nun doch etwas gemerkt. In einer Presserklärung, veröffentlicht von dpa/lno am 17. November, bewerten sie das neue Konzept des Bundesumweltministeriums zum Lärmschutz für Schweinswale beim Bau von Offshore-Windanlagen als „unzureichend“. Weitergehende konsequente Forderung nach der Überprüfung der Genehmigungspraxis von Offshore-Windturbinenfeldern konnte man der Presse nicht entnehmen. Den eigentlich streng geschützten Schweinswalen wird die Kritik am Konzept des Bundesumweltministeriums nicht weiterhelfen. Auch hier: Die Bankrotterklärung des Verbändenaturschutzes!
Kieler Nachrichten, online, Umwelt
Offshore-Anlagen: Besserer Schutz für Schweinswale gefordert
17.11.2012 10:40 Uhr
Das neue Konzept des Bundesumweltministeriums zum Lärmschutz für Schweinswale beim Bau von Offshore-Windanlagen ist nach Ansicht von Naturschützern unzureichend.
Kiel. Man sehe „eine Vielzahl kritischer und fragwürdiger Schlussfolgerungen sowie inhaltliche Lücken“, heißt es in einer vorläufigen Stellungnahme von zehn Naturschutzverbänden, über die die Zeitung „Schleswig-Holstein am Sonntag“ berichtet. Vor der Küste Sylts sei bereits 1999 bei der Novellierung des schleswig-holsteinischen Nationalparkgesetzes ein Walschutzgebiet eingerichtet worden. Die meisten der 50 000 Tiere lebten nach neusten Erkenntnissen von Meeresbiologen jedoch nicht im Schutzgebiet, sondern genau dort, wo Windparks geplant sind. […]