Urteil Jagdstörung: Eilert Voß geht in Berufung, neues Spendenkonto

Nach dem unglaublichen Urteil wegen angeblicher „Jagstörung“ Emder Gänseschießer im Naturschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ hat sich Eilert Voß entschlossen, das Urteil anzufechten. Er geht in Berufung. Bisher sind mehr als 4.000 Euro Spendengeld für ihn eingegangen, die dafür genutzt werden sollen. Dafür dankt der Wattenrat allen Spenderinnen und Spendern! Inzwischen wurde ein ortsnahes NEUES Spendenkonto eingerichtet:

Konto: XXX

Kontoinhaber: Eilert Voß

Kontonummer: XXX

Stichwort:  „Gänsewacht/ Wattenrat“

(#edit März 2012: Das Konto wurde inzwischen aufgelöst!)

Edit 03. Mai 2011: Inzwischen liegt ein Schreiben der Anwaltskanzlei des Klägers gegen Voß vom 21. April vor. Die Anwälte (Sozietät Rödenbeek, Bessau, Weerda und Hemken in Emden) haben  Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung des Berufungsantrages beim Landgericht Aurich eingereicht. Der Anwalt Weerda ist selbst Gänsejäger im Naturschutz- und EU-Vogelschutzgebiet „Petkumer Deichvorland“ an der Ems und dortiger Jagdpächter; der Kreisjägermeister der Stadt Emden ist als Amtsrat beim Amtsgericht in Emden beschäftigt.

Eilert Voß hat eine persönliche Erklärung verfasst, die Sie nachstehend lesen können:

Liebe Gänsefreunde,

dank Eurer Solidarität beschäftigt sich demnächst das Auricher Landgericht mit den jahrelangen Jagdverstößen innerhalb des EU- Vogelschutzgebietes Petkumer Deichvorland.


In Aurich wird sich demnächst entscheiden, ob der Kläger Take Hülsebus, ein ehemaliger Ortsbürgermeister aus Petkum und ehrenamtlicher Richter am OVG Lüneburg, weiterhin ohne brauchbaren Jagdhund auf die Jagd gehen darf oder nicht. Ebenfalls wird geklärt, ob er in höherer Instanz einen Freibrief bekommt, auch in Zukunft ohne ein freies und überschaubares Schussfeld zu haben, über den Emsdeich schießen kann und dabei Mensch und Tier gefährden darf.

Dies ist in der Tat der Dreh- und Angelpunkt des Gerichtsstreits, den ich in 1. Instanz am Emder Amtsgericht leider verlor. Unstrittig ist, dass der Kläger meine Anwesenheit als Dokumentar- Fotograf unsauberer Jagdmethoden bei Dunkelheit, Nebel und Schneetreiben mit schlechter Sicht nicht ertragen und ein Exempel statuieren wollte.

Die Amtsrichterin ließ in der Emder Verhandlung nicht zu, dass mein Sachverständiger, der 1. Vorsitzende des Ökologischen Jagdvereins Niedersachsen- Bremen (ÖJV N-B) und ehemaliger Forstdirektor, Jürgen Oppermann, den völlig ungeeigneten Jagdansitz des Klägers kritisch bewerten durfte.

Die Verteidigungslinie meines Rechtsanwalts Dominik Storr, den gefährlichen Jagdansitz des Klägers vor Ort bei einem Lokaltermin des Gerichts in Petkum in Augenschein zu nehmen, wurde bei Gericht abgeblockt.

In dieser Entscheidung sehe ich einen klaren Verstoß der Richterin, denn entlastende Argumente der beklagten Seite bedürfen bei Gericht immer der Würdigung.

Dies war in Emden anscheinend nicht angesagt, denn der Kläger selbst ist ehrenamtlicher Richter, sein Rechtsanwalt  ist in seinem Petkumer Jagdpachtgebiet des NSG Mitpächter und vertritt in dieser Rolle auch seine Eigeninteressen! Der Kreisjägermeister Emdens ist als Amtsrat beim Emder Amtsgericht angestellt und man begegnet sich auf dem Gerichtsflur. Das schafft Nähe. Andere nennen das Klüngel. In wieweit die Richterin, die von sich selbst sagt, sie „habe von der Jagd keine Ahnung“, tatsächlich nicht in die Jägerei mit verwandtschaftlichen Beziehungen eingebunden ist, konnte bis jetzt noch nicht abschließend geklärt werden.

Gesichert ist hingegen, dass mindestens ein  namentlich bekannter Mitarbeiter der Stadt Emden im Petkumer NSG auf die Jagd geht, sich mit einer schwarzen Gesichtsmaske vermummt und so zu verhindern sucht, dass es Bildbeweise des administrativen Interessenkonfliktes gibt.

Ein leitender Beamter der Emder Stadtverwaltung, der die Jägerei mit einem Machtwort beenden könnte, wenn er es denn wollte, hat enge verwandtschaftliche Beziehungen zu einem Petkumer Gänsejäger. Der Leiter des Veterinäramtes und Chef der Unteren Jagdbehörde der Stadt Emden, selbst Jäger, torpediert im Emder Rat den Grünen- Antrag, die Wasservogeljagd im Petkumer Schutzgebiet per Verwaltungsbeschluss verbieten zu lassen. Man kennt sich bei Gericht und Emder Verwaltung und verteidigt die Gänsejagd, als ginge es um Sein oder Nichtsein dieser Republik. Man müht sich nach Kräften, fürs viel zu zahlreich ausgebildete „Jungjägervolk ohne eigenes Revier“ und andere „passionierte“ Jäger, eine ganz besondere Art der Jagdausübung, nämlich den Beschuss lebender, fliegender Ziele, zu erhalten. Koste es was es wolle und was das Jägerimage des angeblichen „Beschützers aller Tiere“ hergibt.

Zum Teil reisen die Schießer aus den neuen Bundesländern zur Gänsejagd an die Ems. Motto: Ich lade Dich zur Gänsejagd an die Nordsee ein und Du ermöglichst mir ne Jagd auf Wildschweine in Sachsen, Thüringen oder sonst wo.

Die Jägerei in Ostfriesland ist deutlich geprägt von zwei gesellschaftlichen Gruppen: Dies sind zum einen die Revierbesitzenden, die in erster Linie ein jagdliches Interesse daran haben, Feldhasen, Fasane und Rehe ins Jenseits zu befördern und wirtschaftlich zu nutzen. (Birk- und Rebhühner haben dieses unfreiwillige Spiel mit sportlichen Schießern längst verloren).
Die sogen. „Revierlosen“ im gefährlichen Spiel mit Waffen und Fallen bilden eher das Fußvolk. Diese Spezies übte die Jagd in den letzten Jahrzehnten in den Wattengebieten aus, solange, bis die Zustände unerträglich wurden und der Naturschutz Alarm schlug.
Die Beschießung der nordischen Vogelarten wurde in den 80er Jahren verboten. Eine letzte Domäne revierloser Jagd existiert in der Tat in den beidseitigen EU- Vogelschutzgebieten der Ems, zwischen Emden und Leer. Revierinhaber zeigen sich dort großherzig und stellen revierlosen Gänseschießern Revierbegehungsscheine aus. Sie verhindern damit, dass sich beide  gesellschaftlichen Gruppen bei der Jagd im Binnenland auf Feldhase und Co. in die Quere kommen.

Damit muss endlich Schluss sein, dass die Jägerschaft ihre sozialen Probleme auf dem Rücken von Zugvögeln austragen, sie mit Schrot töten und verletzen oder mit Schussknall aus den Vorländern der Ems vertreiben.

Unfreiwillig geraten die Akteure meiner Verurteilung, ob Kläger, Zeuge oder Mitarbeiter der Justiz, selbst ins Fadenkreuz und der Schuss geht derweil nach hinten los. Überregional wurde in vielen Tageszeitungen berichtet und einen Steinwurf vom Ort des Geschehens entfernt schüttelt man die Köpfe über das Treiben der Gänsejäger.

N3 berichtete objektiv in „Hallo Niedersachsen“ am 29.3.2011 um 19:30Uhr.  Link: http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/oldenburg/wildgans103.html

Alle Geldspender der Solidaritätsaktion haben ermöglicht, dass sich das Auricher Landgericht mit den schlimmen Jagdzuständen an der Ems beschäftigen muss und dass der Plan der Jägerschaft, mich und meine Familie finanziell zu schädigen, ins Leere läuft.

Obwohl die Geldsumme noch nicht reicht beide Verfahren finanziell abzusichern, wagte ich den Schritt der Berufung, denn das bin ich mir und allen am Naturschutz interessierten Menschen schuldig.

Die Jäger wollten mit dem Emder Amtsgerichtsprozess bewirken, die Gänsewacht an der Ems zu zerschlagen und den Widerstand gegen die Gänsejagd an sich, zu brechen.

Dass diese Rechnung nicht aufgeht, wird zum Glück von Menschen verhindert, denen eine Gans mehr bedeutet als ein sonntäglicher Braten! Dafür danke ich ganz besonders allen Spenderinnen und Spendern.

Auch danke ich Manfred Knake und Werner Hupperich von der Gänsewacht, sowie dem Ökologischen Jagdverein mit der Bundesvorsitzenden, Frau Elisabeth Emmert und dem 1. und 2. Vors. des ÖJV, N-B, Herrn Jürgen Oppermann und Herrn Gerhard Hinze die unermüdlich daran arbeiten, die Beschießung der an der Küste durchziehenden Vogelarten verbieten zu lassen. Ebenfalls Dank dem Naturschutzbund Deutschland, NaBu und BUND für eine eindeutige Presseerklärung und die Beteiligung an der laufenden Spendenaktion.

Vergessen wir nicht: Der Landesjagdverband- Niedersachsen, LJV, verteidigt die Gänsejagd trotz des  Leids vieler schwer verletzter Tiere, die oft noch jahrelang an der Küste flügellahm herumlaufen. Noch immer ist der LJV- Niedersachsen ein anerkannter Naturschutzverband und noch stellte keine Instanz den Antrag, dieses Prädikat zu prüfen und die Aberkennung zu fordern. Dies kann sich ändern und der Landesjagdverband sollte nicht sicher sein, dass jede Form jagdlicher Auswüchse von der Öffentlichkeit auf Dauer geduldet und akzeptiert wird.

Egal wie das Landgerichtsurteil demnächst  in Aurich abschließend lautet: Schon heute haben die Gänse gewonnen, denn das Bejagungsproblem der winterlichen Gänsescharen aus der Arktis bei uns an der Ems ist über die Grenzen Ostfrieslands hinaus bekannt geworden und die ostfriesische Jägerschaft muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass ihr die Umweltprobleme an der Ems egal sind.

 

 

Geduld und Toleranz hingegen sind nicht grenzenlos und die überwiegend nicht jagende Öffentlichkeit  erwartet von der Politik irgendwann eine klare Entscheidung und ein Ende der Gänsejagd in den internationalen Schutzgebieten. Die Gänsewacht hingegen lässt sich durch Gerichtsverfahren nicht verunsichern, sie bleibt solange auf Linie, bis der letzte Jagdpachtvertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den Wasservogeljägern gekündigt ist. Es ist nicht akzeptabel, dass EU- Schutzgebiete an der Ems seitens der staatlichen Verwaltung für wenig Geld an Jäger verhökert werden und man letzte Brut- und Rastgebiete Niedersachsens mit Füßen tritt.

Den Gipfel der Unverfrorenheit hingegen begeht die Emder Jagdbehörde: Selbst untätig, wenn Jäger gegen das Jagdrecht verstoßen, schickt sie mir eine Ordnungswidrigkeitsanzeige ins Haus und hängt sich dreist an das gegen mich ergangene Amtsgerichtsurteil:

Tatvorwurf:

Ihnen wird vorgeworfen, die Jägerschaft Petkum bei der Ausübung der Jagd gehindert zu haben. Es wurde beobachtet, dass Sie am Emsdeich (Binnendeich) spazieren gingen und ca. 80 Meter vor der Jagdgesellschaft einen roten Regenschirm aufspannten. Durch dieses Verhalten haben Sie das Jagdwild aufgeschreckt…!

Dies wollen angebliche Zeugen beobachtet haben, die im Emsvorland Gänse auflauerten. Wie die Zeugen allerdings das „Kunststück“ fertig brachten, durch den Emsdeich hindurch gucken zu können, sollten sie dem Landrichter schon glaubhaft machen. Man darf also gespannt sein.

 

Die Spendenbereitschaft vieler Menschen ist vor diesem Hintergrund ein deutliches Zeichen und mir persönlich macht das Mut, mit der Gänsewacht, dem Wattenrat und dem Ökologischen Jagdverein, Niedersachsen – Bremen, unbeharrlich am Ziel festzuhalten, die Gänseschießer aus den Schutzgebieten der Ems restlos zu vertreiben.

 

Dank für Eure Solidarität.

Eilert Voß

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